Frage von Helmut Gehring

Sehr geehrter Herr Schenk,

wir wollen Ostern mit einer Atoll 43 von Moorea nach Huahine, Raiatea
und Bora Bora segeln. Der Rückweg geht dann gegen die meist
vorherrschende Passatrichtung. In ihren Büchern schreiben Sie, dass das
Segeln gegen den Passat kaum möglich ist.  Ich habe aber in den "Charts
of Polynesia" gelesen, dass der Passat im April eher aus Nord-Ost kommt,
damit könnte man dann mit etwa halben Wind für die Rückfahrt rechnen.
Außerdem ist die Windstärke zu dieser Zeit recht gering. Was halten Sie
davon? Haben Sie weitere Tips für uns ?

Mit freundlichen Grüßen

Helmut Gehring
 
 
 
 

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BOBBY SCHENK
 

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Frage von Helmut Gehring

Sehr geehrter Herr Gehring,

die Strecke von der Sie sprechen, habe ich sicher schon 50mal gesegelt, sodass ich hierzu schon Einiges sagen kann. Nämlich: Nichts!

Die Wetterverhältnisse in Polynesien sind durchwachsen. Das Gebiet liegt zwar ganz klar im Bereich des Passats, doch ist dieser nicht so eindeutig ausgeprägt wie zum Beispiel die Passatwinde in der Karibik. Es gibt keine eindeutige(!) Regenzeit, dafür auch keine garantierte(!) Schönwetterperiode.

Gleiches gilt für den Wind. Wenn in den Charts von "vorherrschenden" Nordostwinden die Rede ist, dann kann dies praktisch genauso gut heißen, dass Sie Südost-Winde haben. Auf der Strecke habe ich auch schon Flaute erlebt - und es war die einzige Strecke, wo es mir einmal ein Segel, den Klüver, zerfetzt hat - beim Gegenanbolzen. "Vorherrschend" heißt nicht mehr als dass andere Winde weniger oft vorkommen.

In jedem Fall werden Sie Schwell haben und damit sind wir beim Hauptthema, wenn ich einmal gesagt habe, gegen den Passat könne man kaum gegenansegeln. Unsere Yachten sind ja eigentlich für Am-Wind-Segelei optimiert. Aber diese hervorragende Eigenschaften können sie nur bei glattem Wasser ausspielen. Die Besonderheit bei dem Revier, das Sie ansprechen, ist, dass Sie, kaum haben Sie die Nase aus der Riffpassage hinausgestreckt, die volle Pazifik-Dünung abbekommen. Und da schaut es mit den Am-Wind-Eigenschaften schlagartig nicht mehr so toll aus. Vor allem mit einer Yacht mit viel Windfang, wie es die ATOLL ja ist. Aber auch jede andere Fahrtenyacht wird sich bei diesem Schwell und gegenan feststampfen. Dann Fahrt verlieren. Dann Abfallen...

Und dann geht das Ganze von vorne an. Sie tasten sich an den Wind, stampfen sich fest und...

Eine Zahl belegt das, was ich beschreibe: Als wir im friedlichen Südatllantik mit einer 15-Meter-Yacht gesegelt sind, haben wir im Passat regelmässig Etmale von 160 Seemeilen und darüber gemacht. Als wir dann in der gleichen Gegend gegenan heimsegeln wollten, machten wir 24-Stunden-Strecken nach Luv von gerade mal eben 25 Meilen und darunter.

Woran liegt das? Sehen Sie sich auf dem offenen Ozean einmal den Schwell, den der (Passat-)Wind vor sich hertreibt, von der Seite an. Dann erkennen Sie, dass die Seite der Welle, auf die der Wind auftrifft - logisch - viel weniger Steigung hat, als die andere Seite, wo gelegentlich die Gischt überkippt. Wellen bewegen sich zwar nicht vorwärts, doch den "Wellenhang" muss die Yacht ja doch erklimmen, aufsteigen. So kommt zur Tatsache, dass hart am Wind , wo unser Rigg physikalisch-logisch ohnehin nicht sehr effektiv ist, das "Gelände" viel steiler ist, als auf der anderen Seite der Welle beim "bergabfahren", beim downwind-segeln. Noch ein Faktor verdirbt uns den Spaß beim Gegenansegeln: Der "Gegenwind" ist immer runde zwei Windstärken - scheinbar - heftiger, weil die Schiffsgeschwindigkeit rund eine Bft-Stärke ausmacht und die zu addieren, beziehungsweise substrahieren ist.

Die Amis bringen es auf den Punkt: "Gentleman don't go to windward", die Klugen segeln nicht gegenan. Nun, Ihnen wird nichts anderes übrigbleiben und so werden Sie sich extra Zeit  nehmen müssen, um sicher in der Zeit mit der Atoll wieder in Tahiti zu sein.

Einen Tip habe ich noch: Versuchen Sie mit der Charterfirma ein Arrangement zu treffen, dass Sie die Yacht in Raiatea abgeben dürfen. Denn die manchmal rauhen (auch downwind) 100 Seemeilen von Moorea in die Gesellschaftsinseln sind nicht so interessant, halt Segeln über die offene See und das können Sie zu Hause in Europa und sonst überall auch.

Mast- und Schotbruch!

Bobby Schenk

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